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25.08.12: Breite Front gegen Entwurf der Präimplantationsdiagnostik-Verordnung - Sechs Bundesländer, Bundesärztekammer, Behindertenverbände und Kirchen fordern Nachbesserungen
Am 23.08.12 trafen sich in Bonn die Gesundheitsminister der Länder sowie diverse Verbände zu einer Anhörung über den Verordnungsentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium zur Präimplantationsdiagnostik (PID). Mit der Verordnung soll das vor einem Jahr vom Deutschen Bundestag verabschiedete Präimplantationsdiagnostik-Gesetz umgesetzt werden. Es erlaubt in engen Grenzen die genetische Untersuchung von im Reagenzglas erzeugten Embryonen und die Aussortierung. Laut einer Umfrage der Tageszeitung taz unter den 16 Landesgesundheitsministerien lehnen sechs Bundesländer die Verordnung in der vorliegenden Fassung ab und fordern Nachbesserungen. Die Kritik aus Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hessen und Berlin richtet sich laut taz vor allem gegen den Plan, weder die Zahl der PID-Zentren begrenzen zu wollen noch die Anzahl der Ethikkommissionen. Die Verordnung kann nur in Kraft treten, wenn die Länder zustimmen. Sollten diese ablehnen ist die praktische Umsetzung des PID-Gesetzes gefährdet.
Der Verordnungsentwurf sorgte bereits Mitte Juli nach Bekanntmachung für scharfe Kritik, insbesondere von Behinderten- und Lebensrechtsverbänden (siehe dazu das Themenspecial vom 14.07.12). Die Bundesvereinigung Lebenshilfe und andere Verbände, die Bundesärztekammer sowie Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche bekräftigten bei der Anhörung ihre Ablehnung des Papiers in der vorliegenden Form und forderten ebenfalls Nachbesserungen.
"Schutz des ungeborenen Lebens muss oberste Priorität haben"
Im Vorfeld der Länderanhörung erklärte der Bayerische Gesundheitsminister Dr. Marcel Huber in einer Presseaussendung vom 21. August mit Blick auf die Ablehnung Bayerns: "Der Schutz des ungeborenen Lebens muss oberste Priorität haben. Das ist gelebter christlicher Glaube. Wir müssen sicherstellen, dass die neuen medizinischen Möglichkeiten der PID verantwortungsbewusst genutzt werden - und nur wenn es zwingend notwendig ist." Bayern fordert, den Verordnungsentwurf grundlegend zu überarbeiten. Die kritische Haltung gegenüber dem Verordnungsentwurf entspricht auch den Positionen der katholischen und evangelischen Kirchen im Freistaat. Kommt der Bund den bayerischen Forderungen nicht nach, werde Bayern seine Ziele im Bundesrat weiter verfolgen.
Das bayerische Gesundheitsministerium fordert konkret, die Zahl der PID-Zentren zu beschränken. Ziel müsse laut Huber bleiben, die PID nur in besonderen Ausnahmesituationen zuzulassen. Nach dem Verordnungsentwurf soll in den PID-Zentren auch die Beratung über die psychischen und sozialen Folgen der Untersuchung erfolgen. "Auch das lehnt Bayern entschieden ab. In den Zentren kann keine unabhängige und ergebnisoffene Beratung gewährleistet werden. Das kann nur eine staatlich anerkannte Institution", stellte Huber klar.
Zudem müssten die Regelungen zur Ethikkommission überarbeitet werden, die die Voraussetzungen für eine PID prüfen und bewerten soll. "Es muss eine zentrale Ethikkommission auf Bundesebene geben, damit die Entscheidungen nach einheitlichen Maßstäben getroffen werden. Wenn Ethikkommissionen auf Länderebene eingerichtet werden, dann muss gewährleistet sein, dass nur einmal ein Antrag auf PID gestellt werden darf. Wir wollen keinen Medizintourismus auf Kosten des Lebens", so Huber.
Außerdem soll die Ethikkommission ausgewogener als bisher vorgesehen besetzt sein. Wichtig sei, dass auch die seelsorgerliche und theologisch-ethische Fachkompetenz vertreten ist. Des Weiteren müsse die Kommission auch die psychischen und sozialen Folgen sowie die ethischen Aspekte der PID im konkreten Einzelfall berücksichtigen können. "Die Entscheidung für eine PID muss umfassend geprüft werden. Medizinische Notwendigkeiten dürfen nicht der alleinige Maßstab sein. Sonst verlieren das Embryonenschutzgesetz und die Ethikkommission ihren Sinn und Zweck", unterstrich der bayerische Gesundheitsminister.
Bundesärztekammer drängt auf eine schnelle Umsetzung praktikabler PID-Regelungen
Die Bundesärztekammer (BÄK) drängt unterdessen auf eine schnelle Umsetzung praktikabler Regelungen für die Präimplantationsdiagnostik. In ihrer Stellungnahme zu dem Verordnungsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums weist die BÄK darauf hin, dass das Verfahren seit Inkrafttreten des PID-Gesetzes zwar unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, wegen der fehlenden Rechtsverordnung praktisch aber nicht durchführbar gewesen sei. Die rasche Verabschiedung entsprechender Ausführungsbestimmungen müsse deshalb oberstes politisches Ziel sein, so die Bundesärztekammer. Der Entwurf einer PID-Verordnung enthalte aber sowohl Regelungen, die korrekturbedürftig sind, als auch Regelungslücken für wesentliche Fragen der praktischen Umsetzung. Auch die BÄK fordert deshalb in ihrer aktuellen Stellungnahme diverse Nachbesserungen, ähnlich wie die anderen Kritiker.
Weiterführende Informationen:
Pressespiegel zum Entwurf einer Rechtsverordnung zum Präimplantationsdiagnostik-Gesetz
Nachfolgend finden Sie chronologisch sortiert einige ausgewählte verlinkte Artikel/Pressemitteilungen zur Vorlage des Referentenentwurfs einer Rechtsverordnung zum Präimplantationsdiagnostik-Gesetz
"Die Zahl der PID-Zentren sollte begrenzt sein"
EKD-Bevollmächtigter nimmt Stellung zur geplanten PID-Verordnung
Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Prälat Dr. Bernhard Felmberg, hat im Rahmen der Expertenanhörung zur geplanten Rechtsverordnung zur Organisation und zum Verfahren der in Ausnahmefällen rechtmäßigen Anwendung einer Präimplantationsdiagnostik (PID), die heute in Bonn stattfindet, eine Stellungnahme abgegeben.
PRESSEMITTEILUNG Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) 23.08.12
Länder lehnen Bahrs Pläne zu Embryo-Gentests ab
2011 beschloss der Bundestag nach heftiger Debatte, die umstrittenen Genstests an Embryonen zu legalisieren. Jetzt gibt es heftigen Widerstand gegen die konkreten Pläne von Gesundheitsminister Bahr.
WELT Online 22.08.12
Umfrage zur Präimplantationsdiagnostik: Sechs Länder gegen den Minister
Mindestens sechs Bundesländer wollen die PID strenger handhaben als Gesundheitsminister Bahr. Sie befürchten einen "Medizintourismus".
Von E. Gamperl und H. Haarhoff
TAZ 22.08.12
Sechs Länder gegen Bahrs PID-Verordnung
Die Umsetzungspläne für die gesetzlich beschlossenen Gentests an Embryos stoßen nach einem Zeitungsbericht in den Bundesländern auf Widerstand. Mindestens sechs lehnen die Rechtsverordnung von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) für die Präimplantationsdiagnostik (PID) ab oder fordern erhebliche Nachbesserungen, wie eine Umfrage der Berliner "tageszeitung" bei den 16 Landesministerien ergab.
AERZTE ZEITUNG Online 22.08.12
Bundesärztekammer fordert Änderungen am Entwurf der PID-Verordnung
AERZTEBLATT.DE 22.08.12
Bundesärztekammer fordert Änderungen an PID-Verordnungsentwurf
Berlin. Die Bundesärztekammer (BÄK) drängt auf eine rasche Umsetzung praktikabler Regelungen für die Präimplantationsdiagnostik (PID).
MITTEILUNG Bundesärztekammer (BÄK) 22.08.12
Lebenshilfe fordert Änderungen der PID-Verordnung
Anhörung im Bundesgesundheitsministerium zur Präimplantationsdiagnostik (PID) – Lebenshilfe: „Strenge Begrenzung der Anwendung muss gewährleistet werden“
PRESSEMITTEILUNG Bundesvereinigung Lebenshilfe 22.08.12
PID-Verordnung ist Provokation
Berlin (kobinet) Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) hat den Entwurf einer Durchführungsverordnung zur Präimplantationsdiagnostik (PIDV) heute als “Provokation” bezeichnet.
KOBINET-Nachrichten 22.08.12
PID-Verordnung ist Provokation!
Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) hat den Entwurf einer Durchführungsverordnung zur Präimplantationsdiagnostik (PIDV) als „Provokation“ bezeichnet, an der nur die Abgeordneten Gefallen finden werden, die vor einem Jahr für eine viel weitergehende Zulassung der PID gestimmt haben.
PRESSEMITTEILUNG Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) 22.08.12
Gefahr für Embryo
In der Frage der vorgeburtlichen Diagnostik ist die Wissenschaft tragischerweise schneller, als die Gesellschaft und der Gesetzgeber Position beziehen können.
RP Online 22.08.12
Schutz des ungeborenen Lebens oberste Priorität - Bayern fordert Nachbesserungen bei PID-Verordnung
Bayern lehnt den Verordnungsentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium zur Präimplantationsdiagnostik (PID) vehement ab und fordert Nachbesserungen. Dies betont der Bayerische Gesundheitsminister Dr. Marcel Huber im Vorfeld der Länderanhörung am Donnerstag (23. August) in Bonn.
PRESSEMITTEILUNG Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (StMUG) 21.08.12
NRW: Höchstens ein PID-Zentrum pro Bundesland
Kritik an Entwurf zur Gendiagnostik:
Von Lisa von Prondzinski
WDR.DE 20.08.12
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